Wie Schafskäse zu Unzufriedenheit führen kann

Ich möchte euch gerne von einem Erlebnis bzw. einer Erfahrung berichten, welche bereits einige Jahre hinter mir liegt, durch die ich aber sehr viel lernen konnte: Es war in Jena. Und es war ein heißer Sommertag. Ich war in der Stadt, um eine Gemäldeausstellung zu besuchen. Zur Mittagszeit beschloss ich etwas essen zu gehen. Und ich entschied mich für ein Gartenlokal, das auf mich gemütlich wirkte. Ich fand einen schönen, sonnigen Platz. Und nach einem Blick in die Karte, hatte ich mich schnell für ein großes Bier und einen Griechischen Bauernsalat mit Schafskäse entschieden. Die Bedienung nahm meine Bestellung freundlich entgegen. Nun ist das so eine Sache: Unter Bauernsalat versteht jeder etwas anderes. Und da ich das Lokal bislang nicht kannte, konnte ich also auch nicht wissen, was mich nun erwartete. Als die nette Dame schon nach kurzer Zeit mit dem Salat wieder auf mich zukam, war ich wirklich sehr überrascht. Der Teller war übervoll mit frischen und sehr gut und appetitlich aussehenden Zutaten. Und oben auf dem Salat lagen drei dicke, halbe Scheiben Schafskäse. Woanders hätte ich womöglich nur Käsekrümel auf dem Salat erhalten. Doch hier war es eine riesige Portion. Und obwohl nun alles ziemlich perfekt war sonniger Platz, tolle Bedienung, kühles Bier, übergroßer und frischer Salat, eine Menge Schafskäse beobachtete ich in mir eine unterschwellige Unzufriedenheit. Und so griff ich nicht gleich zum Besteck, sondern fragte mich, was mich denn nun an einem zufriedenen Glücksgefühl hinderte. Schon bald konnte ich den Grund ausfindig machen: Ich wurde betrogen! Die dicken Schafskäsescheiben waren von einer Käserolle geschnitten worden. Und dann wurden die runden Scheiben halbiert. Auf meinem Salat lagen nun drei halbe Scheiben. Oder im Klartext: Es fehlte eine Hälfte. Von der zweiten Scheibe gab man mir nur einen Teil. Die andere Hälfte war wohl irgendwo in der Küche geblieben? Das Essen war gar nicht komplett. Es dauerte nicht lange, bis ich den ganzen Unsinn, den ich da veranstaltete, durchschaute. Hätten sich auf dem Salat lediglich zwei halbe Scheiben befunden, wäre meine Zufriedenheit ungebrochen gewesen. Ich hätte alles gehabt, um glücklich zu sein. Nun hatte ich noch mehr und dabei doch das Gefühl, dass etwas fehlte. Diese Erfahrung machte mir deutlich, wie sehr in der Tiefe unseres Inneren eine Sehnsucht nach Vollständigkeit, Ganzheit, Heilsein vorhanden ist. Sie machte mir aber auch deutlich, wie schnell wir uns irre leiten lassen, was unserer Stimmung nicht gut bekommt. Ich habe gelernt, wie sehr wir unsere Unzufriedenheit selber schaffen und dass wir häufig im Leben gar nicht erkennen, wie gut oder perfekt es doch schon ist. Seither bemühe ich mich achtsamer auf mein Befinden zu schauen, es eher zu hinterfragen und gegebenenfalls den ganzen Unsinn, den ich da selber fabriziere, zu entlarven. Und im Nachhinein bin ich noch immer froh, dass die vierte Hälfte fehlte, denn die wäre definitiv zu viel gewesen.
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